«Vier Augen sehen mehr als zwei»: Schönenwerds Headcoach Adriatik Kajtazi bekommt Unterstützung von Klub-Legende
«Er ist einer der besten Aussenangreifer, den die Schweiz je hatte», sagt Schönenwerds Captain Reto Giger über Jan Schnider. «Unsere jungen Aussenspieler – und auch ein Cyril Kolb oder Luca Ulrich – können sicher noch einiges von ihm lernen.» Seinen ehemaligen Mitspieler beschreibt er als ruhig und kontrolliert: «Er kann Sachen sehr gut vermitteln und gibt ganz gezielt Inputs, wenn es sie braucht – da gibt es kein Blabla.» Der Passeur tauscht sich gerne mit ihm aus: «Er hat ein gutes Auge dafür, was auf dem Feld abgeht, und kann mir zum Beispiel bezüglich meiner Block-Arbeit helfen.»
Jan Schnider blickt auf eine eindrückliche Karriere zurück. Zwischen 2002 und 2006 spielte der gebürtige Oensinger für Näfels und gewann dreimal den Schweizer-Meister-Titel und zweimal den Cup. Auch im Sand war er erfolgreich. 2008 bildete er bei den Olympischen Spielen in Peking zusammen mit Martin Laciga eines der beiden Schweizer Duos.
Nach den Profi-Jahren als Beachvolleyballer ging er von 2010 bis 2016 für Volley Schönenwerd auf Punktejagd. Er wurde mehrmals als MVP und bester Schweizer Spieler der NLA ausgezeichnet. Ein weiterer Titelgewinn blieb ihm aber verwehrt. 2014 hatten die Schönenwerder im Playoff-Final gegen Lugano keinen Stich. In der Saison darauf verloren sie den Cupfinal gegen Lausanne dramatisch nach vergebenen Matchbällen im Tiebreak.
Fast acht Jahre nach seinem Rücktritt ist der 41-Jährige nun zurück im Schönenwerder NLA-Team. Nicht als Spieler; und auch nicht als Assistenztrainer, wie er betont: «Mein Einfluss ist eher gering.» Er ist jeweils im Training am Dienstag dabei und unterstützt Headcoach Adriatik Kajtazi während der Spiele, sofern es zeitlich drinliegt. Schnider arbeitet als Schulleiter bei einer Informatikschule in Olten und unterrichtet dort auch Sport. Er ist verheiratet und hat zwei Kinder. Deshalb sei die Zeit, die er fürs Volleyball opfern könne, momentan doch eher beschränkt.
Sein Einstand gegen Chênois war vielversprechend
Beim 3:0-Sieg im Cup-Achtelfinal gegen Chênois vor zwei Wochen war er zum ersten Mal auf der Bank. «Vier Augen sehen mehr als zwei», so fasst er seine Aufgabe zusammen. Er beobachtet, gibt Inputs und hilft dem Cheftrainer bei dessen Entscheidungen. «Ich sehe etwas, <Tiki> sieht etwas – wenn wir gleicher Ansicht sind, gibt ihm das mehr Sicherheit bei seiner Entscheidung. Und wenn wir uns nicht einig sind, können wir Pro und Kontra abwägen und kurz diskutieren.»
Ein wenig Erfahrung als Trainer hat Jan Schnider schon gesammelt. Ab 2017 coachte er die zweite Mannschaft von Volley Schönenwerd, die damals in der NLB spielte. «Es war spannend, die Spieler zwei, drei Jahre zu begleiten und ihre Entwicklung mitzuerleben», schaut er zurück, «ich konnte sehr viel positive Energie aus dem Trainerposten ziehen».
Es hätte ihn durchaus gereizt, voll auf die Karte Trainer zu setzen. Der in seinen Augen enorme zeitliche Aufwand hielt ihn davon ab: «Es ist mehr als ein 100-Prozent-Job. Vielleicht hast du unter der Woche mal etwas weniger zu tun – das würde mir aber nichts bringen, weil meine Kinder dann in der Schule sind und meine Frau arbeitet. Dafür bist du am Wochenende voll engagiert, wenn alle anderen frei haben. Und du denkst eigentlich 24 Stunden nur an Volleyball.»
Als die Coronapandemie ausbrach, beendete er sein Engagement bei der Schönenwerder Reserve. Die Resultate des Fanionteams hat er natürlich weiterhin genau verfolgt. Den Titelgewinn im Vorjahr erlebte er live in der Betoncoupe Arena mit. «Die Stimmung war phänomenal, das war Werbung für das Schweizer Volleyball», schwärmt er von der Best-of-5-Finalserie zwischen Schönenwerd und Amriswil. «Es waren die richtigen Teams im Final. Über den Sieger kann man sich streiten, ich habe mich natürlich gefreut, dass Schönenwerd gewonnen hat.»
Zuerst der Qualisieg und dann der Halbfinal-Einzug?
Jetzt hofft er natürlich, «dass wir den Cup auch noch irgendwann ins Palmarès aufnehmen können». Dafür müssen die Schönenwerder im Viertelfinal vom Sonntag Lausanne ausschalten. Die Waadtländer liegen in der NLA auf dem vierten Platz, die Schönenwerder führen die Tabelle an, haben aber beide Direktduelle in der Quali mit 2:3 verloren.
Schnider hat nicht nur diese beiden Spiele nachgeschaut, um sich auf den Gegner vorzubereiten, sondern auch sonst viel Videostudium betrieben. Er weiss: «Lausanne ist nicht so konstant wie Chênois und Amriswil, aber trotzdem gefährlich. Sie sind auf jeder Position gut besetzt und setzen auf zwei junge Zuspieler, die beide ihre Stärken und Schwächen haben.»
Beide Klubs stehen bereits am Tag vor dem Viertelfinal-Knüller im Einsatz. Während Lausanne zum Tabellenschlusslicht Jona reist, trifft Schönenwerd im letzten Spiel der Qualifikation zu Hause auf Näfels. Für die Glarner geht es eigentlich um nichts mehr, sie werden die erste Phase der Meisterschaft definitiv auf dem fünften Platz abschliessen. «Schöni» dagegen braucht drei Punkte, um sich den Qualisieg zu sichern.
Das erste Aufeinandertreffen Anfang Dezember konnten die Schönenwerder mit 3:1 für sich entscheiden. Geht es nach Passeur Reto Giger, soll es am Samstag ähnlich ablaufen. Er peilt einen raschen 3:0-Sieg an, um Kräfte zu sparen für den Cup-Match gegen Lausanne. Bei den beiden Duellen in der Meisterschaft hätten er und seine Mitspieler nicht die beste Leistung gezeigt und deshalb zweimal im Tiebreak den Kürzeren gezogen gegen den Lausanne Université Club.
«Sie waren definitiv besser vorbereitet. Sie wussten genau, was wir vorhaben, wie sie servieren und blocken müssen, um uns in Schwierigkeiten zu bringen. Sie sind bis jetzt das einzige Team, das unseren Annahme-Riegel mit gezielten und kräftigen Jump-Services unter Druck setzen konnte», sagt Giger und macht eine Kampfansage: «Diesmal werden wir richtig vorbereitet und bereit sein. Sie müssen sich warm anziehen, denn sie werden ein anderes Schönenwerd sehen.»
Artikel von OT: Klub-Legende Jan Schnider ist zurück beim NLA-Team von Volley Schönenwerd. (oltnertagblatt.ch)